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Chronik der St. Joachimsthaler Stadtkirche, 1534-1890.

(aus alten Chroniken)

(Aus dem "Memorabilienbuch" des Ehrenbürgers von Joachimsthal Reg.-Rat Dr. Karl Siegl in Eger)

1534-1537 Errichtung der Kirche durch die Grafen Schlick und die Gewerken (die Baukosten von 82.646 fl. beglichen je zur Hälfte die Grafen Schlick und die anssäsigen Gewerken).
1537 Einweihung am Tage der Hl. Katharina.
An den Umfassungsmauern hatte die Kirche Stützpfeiler, das steile Dach, mit Schindeln gedeckt, trug in der Mitte ein Glockentürmchen.
1539 Wurde der neue Seyger (Seiger=Pendel) und die Uhr aufgestellt. Im gleichen Jahr fing man an, die Kirche mit Schiefer zu decken.
1540 Wurde die Beichte eingeführt durch M. Sebastian Steude.
1541 Fing man an, mittags die Betglocke zu läuten. Johann Mathesius, wird zum Prediger in Joachimsthal.
1542 Mgr. Johann Mathesius heiratet Sybilla Richter (Paul Richters Tochter), Montag nach Andrea.
Im gleichen Jahr wurde die große Glocke von Gurgstein (in Thüringen) hergebracht und aufgehängt;
man fing an, den Bergleuten zu Fastnacht-Dienstag eine Predigt zu halten.
1543 Der Kirchhof wurde mit einer Mauer umgeben.
1544 Ruprecht Pullacher und Georg Neusesser schenken zwei seidene Teppiche zum Altar und Predigtstuhl und Hans Bauer schenkt eine goldene Kassette der Kirche.
1545 Mgr. Johannes Mathesius wird Pfarrer.
Die Grafen Hieronymus und Lorenz Schlick stifteten "die Tafel auf dem Altar" - ein dreiteiliges Flügelaltar auf dem Hochalter (das Bild, "das letzte Abendmahl", war ein Meisterwerk des berühmten Malers Lukas Cranach d.Ä., das ich oft und oft bewunderte. Sämtliche Apostel waren Porträts damaliger berühmter Persönlichkeiten. Auch Martin Luther - Joachimsthal war damals evangelisch - und Lucas Cranach - Selbstportät - befanden sich darunter);
man fing an, den Kindern mittags in der Kirche Kathechismus zu halten.
1546 Nikel Haldek schafft die Gassenhauer aus der Kirche ab.
1547 Anfang des Taufbuches (erhalten ist das Taufbuch ab 1560)
Rat und Kirche beschlossen, die Feiertage, welche auf den Samstag fallen, des Wochenmarktes wegen auf den Sonntag zu verlegen.
1553 Frau Margaretha Lobkowitz von Hassenstein schenkt der Kirche einen großen Kelch zur Austeilung des Abendmahls.
1555 In der Kirche kam Feuer auf. Der Kirchendiener soll das Abbrennen der Wachskerzen auf der Kommunionbank nicht beobachtet haben.
1558 Andreas Seltenreich hat die Figur zum Begräbnis des Herrn machen lassen.
1560 Fing man an, den Verstorbenen das Kreuz vorzutragen (29. September);
Nikel Militz ließ die Auferstehungsfigur in der Kirche machen.
1564 Wurden 10 Pfeiler in der Kirche gesetzt und mit Zapfen oben an die Decke befestigt. (Die Pfeiler dienten nicht als Stütze, sondern nur als Staffage. Von den Emporen aus konnte man einen Zwischenraum zwischen Pfeiler und Decke und den Zapfen bemerken. Die Decke wurde dann vom Dachfirst aus durch einen gezähnten Balken gehalten. Eine Zeichnung dieses merkwürdigen Dachstuhls von meinem sel. Vater, Franz Siegl, Maurermeister in St. Joachimsthal, geb. 1806 in Schönwald bei St. Joachimsthal, gest. in Joachimsthal 1891, ist in meinem "Memorabilienbuch" eingeheftet. Als gerade ein Jahr vor dem Brande mein Vater die Versicherung der Kirche gegen Brandschaden in einer Ausschußsitzung beantragte, meinten einige Mitglieder: "Dos ist doch nausgeworfenes Gald, die Kerch sieht doch allaa (allein) do ko nichts geschah (geschehen)." Das weiß ich noch so gut wie heute.
Ein neuer Predigtstuhl gesetzt und am 15. Oktober die 1. Predigt darauf gehalten.
1566 Wurde das Tafelwerk fertig.
1567 Machte man den Anfang, die Kirche im Innern auszumalen.
Wurde der Kirchenturmknopf das erstemal heruntergenommen.
1573 Augustus Cordius beendet die Malerei.
1575 Wurde der Taufstein gesetzt.
1588 Thomas Baßler schenkt das silberne Kreuz zum Begräbnis. Es trug folgende Inschrift:
DEO SACRUM ANNO MDXXCVIII CIRCA PASCHA QUOTEMPORE CONCIONES EUNEBRES HABERI COEPERUNT THOMAS BASLERUS METALLICUS ET CIVIS ECCLESIAE VALLIS JOACHIMICAE CONSECRAVIT HANC CRUCEM ARGENTEAM IN SPEM RESURRECIONIS VITAE AETERNA FUNERIBUS PRAEFERENDAM 1588.
(ich glaube, das Kruzifix hat sich erhalten).
1601 Wurde in der Kirche ein türkisches Mädchen getauft, welches Hans Ludwig Schlick mitbrachte.
1607 Graf Nikolaus Schlick wurde in dei Kirche begraben. Vermählt mit einer geb. Wartenberg.
1611 Wurde die Orgel renoviert und vermehrt.
1724 Wurde der alte Hochaltar dorthin gesetzt, wo sich später das heilige Grab befand.
Ein neuer holzerner Tabernakel wurde angefertigt.
1734 Das Rosenkranzaltar und das Altar des hl. Johannes von Nepomuk wurde errichtet.
1739 Adam Pleyer aus Elbogen hat die neue Orgel hergestellt und 271 fl. 24 Kr. erhalten.
Von diesem Jahr an werden die Kirchenrechnungen geführt.
Werden die 4 Säulen unter das Chor gesetzt.
1740 Die Statue Sti-Johannis Baptistae auf dem Taufstein wurde vom Bildhauer Karl Klemens angefertigt.
In dem Taufstein von Pelagrius ein neuer zinnerner Kessel gesetzt worden.
1741 Ist die Kirche ausgeraubt worden.
Das Heilige Grab wurde an der Rückwand der Kirche errichtet (früher stand es hinter dem Hochalter).
Floriani-Altar wurde neben dem Taufstein gesetzt.
1761 Wurden zwei neue Glocken von Eger aufgehängt. Von diesem Jahr an war man auf die Verschönerung der Kirche bedacht, und man kann, weil der Erzsegen ein sehr reichlicher in sämtlichen Kassen, besonders in der Ornatskassa, viel Geld vorhanden war, von diesem Jahr an den Beginn der großen Renovation annehmen.
Renovation 1764 bis 1784.
1764 Wurde der Kirchenboden neu gedielt.
Wurde zum Altar Sti. Johanni von Mathis Schmidthuber ein neuer Altartisch verfertigt (12 fl. 12 Kr.)
1766 Wurde die neue Monstranz vom Mainzer Erzbischof geweiht und Pfingstsonntag das erstemal ausgesetzt. Sie wog 10 1/4 Pfund Silber und enthielt 36 Diamanten. Der große Kelch wog 2,15 Lth., die Patene 17 1/2 Lth.
1768 Kommunionbank und Presbyterium verfertigt (177 fl. 12 Kr.)
Kirchenstände gesetzt worden (649 fl. 17 Kr)
Neue Sakristei erbaut (700 fl. 17 Kr.)
Wurde das Bild neben dem Ölberge aus dem Spital heraufgenommen.
1769 Wurden 9 Fenster neu verglast (76 fl. 50 Kr.)
Wurde die Kirche mit Neudeker Granitstein gepflastert, der Steinmetz erhielt 227 fl. 32 Kr.
Die eiserne Tür mit samt Schloß an der Sakristei ist vom Schlackenwerther Schloßer Mathias Glaser verfertigt worden (94 fl. 53 Kr.)
Sind die Mannesstände auf dem Empore gemacht worden.
Die kleinen Türen zu den Emporen verfertigt, an Maurerarbeit, Pflasterlegen, eine Tür zum Chor durch die Kirchenmauer durchbrechen, sie zu überwölben, steinerne Staffeln zu legen, beim Vorhäuschen den Grund aufräumen, 42 fl. 57 Kr.
Dreifaltigkeits- und Annaaltar errichtet.
Der Predigtstuhl um eine Säule hinuntergerückt.
1770 Wurden, um das Sanctusglöckchen von der Sakristei aus zu läuten, auf den Boden Rollen gelegt, die jedoch des Geräusches wegen bald wieder beseitigt wurden.
1773 Wurde durch Wohltäter der Kreuzweg errichtet.
Wurde das große Tor an der Rückwand um drei Stufen tiefer gesetzt.
Wurden die Kirchentore mit Blech beschlagen.
Drei Altartische und zwei Beichtstühle verfertigt (80 fl.)
1775 Wurde der Kreuzweg vom berühmten Schlaggenwalder Maler Elias Dollhopf vollendet (299 fl. 14 Kr.)
Staffiert Karl Kretschmann die drei Statuen auf dem Kreuzaltar (75 fl.)
1776 Macht man den Überschlag für die Kircheneindeckung (4000 fl.)
1777 Staffiert Thaddäus Beck die Strahlen beim Cruzifix des Altars (11 fl. 30 Kr.)
6 große zinnerne Leuchter sind gegen 8 alte zum Hochaltar von dem Karlsbader Zinngießer Joseph Heilinggötter verwechselt worden (24 fl. 39 Kr.)
1778 Wird angetragen, die alte Orgel als unbrauchbar zu beseitigen.
Wurde der Anfang zur Herstellung des Hochaltars gemacht.
1783 15 neue und 13 alte Bänke für die Schuljugend bezahlt (56 fl. 14 Kr.)
1784 Das mangelbare Chorstiegengewölbe neu hergestellt (24 fl.)
2 Laternen mit Cruzifix zum Krankenbesuch angeschafft (8 fl. 30 Kr.)
1785 Wurden 8 gelbe Chorröcke erkauft und ein Teppich zum Hochaltar daraus verfertigt (26 fl. 10 Kr.)
Wurde der marmorne Altar vollendet. Dem Maler Cramolin aus Carlsbad für das Bild des Hl. Joachim: 180 fl., Staffierer Thaddäus Beck aus Joachimsthal quittierte: 34 fl., Steinmetz Millauer: 615 fl., Bildhauer Schmidthuber für den Plan: 8 fl., für seine Arbeit nach dem 2. Prager Plan: 180 fl., dem Maurermeister Christianelli: 140,55 fl., andere Auslagen: 218,04 fl. Der ganze Altar kostet somit 1784 fl. Der Magistrat nahm das Fuhrlohn auf sich, ließ es sich jedoch nach 18 Jahren wieder bezahlen.
Das Patronat geht auf die Stadt über.
1790 Wurde der obere Teil des Kirchenturms renoviert (169 fl. 22 Kr.)
1796 Wurde die Statue des Franz Xaver beim Ignatzi Altar staffiert.
1797 Wurde die Statue des Fr. Seraph staffiert.
1798 Wurden die Beichtstühle beim Taufstein staffiert.
1817 Errichtung des Altars der 14 Nothelfer, früher war er Antonius Altar.
1822 Die Kirche äußerlich geputzt (900 fl.)
1824 Wurden 16 Quadratklafter Dach eingedeckt.
1833 Wurde der hölzerne Verschlag bei der Kirche weggenommen und durch Wohltäter das eiserne Geländer com Schmiedemeister Johann Schneider aufgerichtet.
1854 Wurden äußere Reparaturen vorgenommen.
1856 Wurde auf Kosten des Maurermeisters Franz Siegl der Kreuzaltar neu staffiert und am 17. März d.J. eingeweiht.
1873 Am 13. März, Montag vor dem Palmsonntag, wurde das herrliche Gotteshaus ein Raub der Flammen. Augenzeugen berichtet, daß das Feuer zuerst beim Sanctustürmchen ausgebrochen sei, indem das heraushämgende Stroh von den Dohlennestern schnell Feuer gefangen habe.
Ich war mit einem Freunde aus Leitmeritz, der mich besuchte und dem ich die Kirche zeigen wollte, kurz vor 11 Uhr der letzte in der Kirche, als die Feuerglocke vom Schloßturm anschlug. Binnen einer Stunde brach der Dachstuhl zusammen und fiel mit donnerähnlichem Gekrach in das Schiff hinunter. Als ich abends um 10 Uhr zur Kirche hinaufging, wütete das Feuer fürchterlich in der Sakristei, während es im Innern der Kirche bereits ganz dunkel war. Aus dem Turme stieg noch anderen Tags die glühende Lohe auf.
Der Anblick, der sich nach dem Brande dem Betreter der Ruine des Gotteshauses bot, war ein äußerst schauerlicher. Außer der Hälfte einer verkohlten Säule, die gegen der Tauftein zu lag, war nichts zu sehen als Asche, die den Fußboden 2 Fuß hoch bedeckte. Vom herrlichen Hochaltar war nur noch ein Trümmerhaufen zu sehen, der schöne Grabstein der Frau des Lorenz Schlick war ganz zerrissen, der des Hölzl von Sternstein noch zu 2/3 vorhanden, der Stein endlich, der über dem Eingang der Gruft lag, wurde von herabstürzendem Gebälk ganz zertrümmert. Trotz des großen Unglückes, das allerorten herrschte, entblödeten sich viele nicht (insbesondere Leute aus Sachsen), in den ersten Augenblicken der Verwirrung in die Gruft zu stürzen, die Sargdeckel aufzureißen, und was nur im Sarge glänzte und gleißte, schnell an sich zu nehmen; nur das Schildchen von dem Sarge des Dechanten Anton Gerzner (1773-1778) kam durch Zufall in die Hände des Dechanten Gregor Lindner zurück. Der Wiederaufbau der Kirche (sie war mit 93.000 fl. versichert) wurde nun in diesem Jahre nicht mehr vorgenommen. Der Prager Dombaumeister Josef Mocker entwarf einen Plan, nach welchem die Kirche im gotisierenden Stil wieder aufgebaut werden sollte, dieser Plan wurde wieder abgeändert, die Tore kämen zu beiden Seiten des Turmes, die Altäre unter dem ehemaligen Singchor zu stehen.
1874 8. April 1874 fand in Anwesenheit des Dombaumeisters H. J. Mocker und Ing. Schneider aus Prag die Offertenverhandlung wegen des Kirchenbaus statt. J. Richter, Zimmermeister aus Johann-Georgenstadt, übernahm die Herstellung des ganzen Baues um den Preis von 38.000 fl. Offerten wurden im Ganzen 56 eingebracht.
13. April wurde mit der Ausräumung des Schuttes begonnen und am 14. April wurde der eigentliche Bau in Angriff genommen. - Während im Turme und an den Außenwänden der Kirche Gerüste aufgestellt wurden, wurden im Inneren zunächst die beiden Sakristeien, der Hochaltar, das Stiegenhaus abgebrochen und mit der Ausgrabung der Fundamente begonnen. Bei der Aufhebung des Pflasters konnte man aus den entblößten Grundmauern schlißen, daß ursprünglich eine Wölbung der Kirche projektiert war. Um nun die bereits vorhandenen Fundamente tragfähiger zu machen und zugleicht eine Spannung zwischen den einzelnen Pfeilern herbeizuführen, wurden die Zwischenräume derselben sowohl der Länge als der Breitenach ausgemauert. Die Tiefe der Fundamentenausgrabung war nicht überall gleich, sie betrug gewöhnlich auf der Seite gegen die Straße zu 1 Klafter, gegen den Bach 3-4 Klafter, die Fundamentenausgrabung der Mauer am Turm 5 Klafter. Bei der Erdaushebung stieß man allenthalben auf vermorschte Särge und Totenbeine, die wahrscheinlich aus der ältesten Zeit herrührten. Wertvolle Funde wurden aber außer 3 goldenen Ringen nicht gemacht. Der eine derselben, aus dem Ende des 17. oder Anfang des vorigen Jahrhundert herrührend, trägt im blauen Steine ein Schiffchen und ist, aus der Gravierung zu schließen, ohne Zweifel italienische Arbeit. Die beiden anderen Ringe, ineinander verschlungen, scheinen als Spange gedient zu haben. Bei der Fundamentenausgrabung am Turme stieß man am 28. April in der Tiefe von 1 Klafter auf eine 2 Schuh hohe Nische, die sich als Seitengewölbe eines Gruftganges erwies, jedenfalls dasselbe Gewölbe, in welchem man 1768 beim Bau der neuen Sakristei die Leiche des in Prag am 21. Mai 1621 geköpften Joachim Andreas Schlick fand. In der Nische stand ein Kasten mit Knochen, die wahrscheinlich bei früheren Ausgrabungen gefunden, gesammelt und hierhergebracht wurden. Nische, Gang und Gruft habe ich auf dem beigelegten Plane ersichtlich gemacht. In der Gruft standen 7 große und 4 kleine Särge. Der erste, ein massiver Eichensarg, trug am Fußende folgende Inschrift:
P. Franziscus Grimm Capellanus civitatis Joachim. obiit die 30 Junii Anno 1772 Anno natus 27.
Der zweite Sarg trug folgene Inschrift:
P. Ignatius Herberte societate Jesu quatuor votibus professus Moravus Brunnensis. Missionarius in valle Joach. obiit nona Junii 1772 aetatis 40.
Die übrigen Särge waren roh bemalt und trugen außer Bibelsprüchen keine weiteren Inschriften. Der eigentliche Zugang zur Gruft ging unter dem ehemaligen Floriani-Altar, der links vom Hochaltar stand, hinunter. Der Deckstein trug zwei unkenntliche Wappen. Von den Überresten der Freiin von Wartenberg, Gemahlin des Lorenz Schlick, und von Nikolaus Schlick, der 1607 in die Kirche begraben wurde, war keine Spur mehr zu finden. Nach meiner Rückkehr von Prag (Juli 1873) waren bereits beide Grüfte an ihrem Stiegenende vermauert und somit wurde der Zutritt für alle Zeiten unmöglich gemacht. Boten die beiden Grüfte auch nicht besonders Interessantes, aber als das einzig und allein Unversehrte aus der alten Kirche hätte man doch statt der Vermauerung ruhig wieder einen Gruftstein legen lassen können. Da aber weder die Stadtgemeinde noch der Baumeister (von dessen Seite sich jedoch die Weigerung rechfertigen läßt) die Kosten für die Gruftsteine übernehmen wollte, zog man vor, sie zu vermauern und den übrigen leeren Raum bis zum Ausgang als Schuttablagerungsstätte zu benützen. Ganz merkwürdig wurde auch mit den alten Grabsteinen umgegangen. Es läßt sich allerdings nicht leugnen, daß mehrere Steine beim Aufheben in Trümmer gingen, aber auch für die Aufbewahrung jener, die noch ganz gut erhalten waren, wurde keine Sorge getragen. Die Steine blieben während des Baues in der Kirche liegen und waren allen Unbilden ausgesetzt. Der gut erhaltene Grabtein des Albrecht von Globen war in wenigen Tagen in Trümmer zerfallen, da ich selbst zusah, wie man ihn als Sockel für die Steinmetzarbeiten verwendete. Schließlich zerfiel er. Demselben Schicksal ist der des Münzmeisters Geitzkofler ausgesetzt. Der Grabstein des Naturforschers und Reisenden Dr. Heinz aus Breslau, der sich gegen das Niveau der Kirche etwas senkte, aber vollständig wie kein zweiter erhalten war, wurde einfach mit Schutt bedeckt. So wird das Andenken eines Mannes geehrt, den seine Zeitgenossen als einen Gelehrten von ganz vorzüglicher Bildung und trefflichen Charakter rühmen. - Der Dechant Gregor Lindner gab sich alle erdenkliche Mühe für die Erhaltung dieser Altertümer, wie ich so oft Zeuge war. Der Mangel an Pietät jedoch von anderer Seite (Bürgermeister Porkert) für derartige Sachen ließ seine Wünsche nicht zur Ausführung kommen. (Dechant Lindner war es auch, auf dessen Anregung die Aufstellung und Einmauerung der Grabsteinein der Spitalkirche erfolgte).
Ende Juli waren beide Sakristeien und die Taufkapelle bis auf die Wölbung vollendet, sodann wurde die Ausführung der Säulen in Angriff genommen. Die Granitsteine wurden im Wolfsberg zugearbeitet, die Sandsteine zu den Säulen in Aussig, zu den Fenstern in Zwickau. Freitag, den 24. Juli, begann man mit der ersten Säule (vor der Taufkapelle). Im November wurde der Dachstuhl aufgestellt. Letzterer wurde auf die Zimmerhöhe neben der Hegerswohnung abgebunden.
1875 Ende Juli wurde mit der Aufstellung des Turmdachstuhles begonnen. 1. November wurden die Glocken, so in Dresden gegossen, aufgezogen.
1876 Am 20. August wurde die neue Kirche von Sr. Em. Kardinal Fürst Schwarzenberg aus Prag unter Assistenz von 26 Geistlichen eingeweiht. Im Oktober wurde die Orgel aufgestellt.
1890 Spendeten die Maurermeisters-Eheleute Franz und Elisabeth Siegl (meine liebe Eltern) der Dekanalkirche eine prächtige silberne, reich vergoldete Monstranz. Am Fuße derselben ist zu lesen:
Ostensorium hoc argenteum et aureatum a conjugibus Franziscus et Elisabeth Siegl ecclesiae decanali Joachimvallensi dedicatum sub decano Gregorio Lindner anno 1890.

Anmerkung: Die zahlreichen an den Säulenkapitälen angebrachten Wappen, die vielen lateinischen Inschriften auf den Grabsteinen, die Pläne für die prächtige Innenansicht und des kunstreichen Dachstuhles mußten leider aus technischen Gründen hier weggelassen werden. In Siegels "Memorabilienbuch" bleiben sie verewigt.

Seit 1952 befindet sich in der Dekanalkirche das gerettete Gnadenbild aus dem durch Sprengung zerstörte Kapuzinerkloster Maria Sorg. Im Jahre 1987 wurde der Kirche durch den Prager Erzbischof Franz Kardinal Tomasek das Statut einer Marianischen Wallfahrtsstätte verliehen.


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